Die Zeit im Fadenkreuz

Andrea Milde zeigt vom 5. April bis 12. Mai 2019 Bildteppiche im Tuchmachermuseum in Bramsche
Und wer Lust bekommt, es selbst zu versuchen, kann mit ihr in den Frühling weben.

Zeit: Das ist ein höchst wertvoller Rohstoff. In einem vom Digitalen vorgegebenen Tagesablauf gilt das mehr denn je. Für die Textilkünstlerin Andrea Milde gehört Zeit – neben Fantasie und dem Gefühl für Farben und Formen – zum Wichtigsten, was sie für ihre Arbeit braucht. Andrea Milde ist Bildwirkerin. Und wer diese Kunsttechnik kennt, kann gut verstehen, warum sie dem Aktualisieren ihrer Website weniger Aufmerksamkeit widmet, als es das schnelllebige Medium Internet erwartet.
Der Hinweis auf Mildes Ausstellung „Im Angesicht der Zeit“ kommt deshalb vom Tuchmachermuseum in Bramsche. Vom 5. April bis zum 12. Mai hängt dort eine Auswahl von bis Bildteppichen der Künstlerin, die mit ihren Arbeiten ein uraltes Handwerk in die Jetztzeit überführt.

Bildwirken braucht Zeit

Das Bild entsteht (Foto: A. Milde)

Bildwirken, auch Gobelinweben oder Tapisserie genannt, hatte seine Hochzeit im Spätmittelalter. Wandfüllende Teppiche in Schlössern und Museum lassen heute noch erahnen, warum damals die Werkstätten der Bildwirker zu den wohlhabenderen der Weberzunft gehörten. Die Adeligen und Reichen ließen sich ihren mobilen Wandschmuck aus Woll- und Seidenfäden durchaus etwas kosten. Und sie wussten, dass sie darauf warten mussten.
Damals wie heute dauert es lange, bis eine gezeichnete Komposition auf einem Bildteppich erscheint. Denn das Handwerk und seine Arbeitsprozesse haben sich nicht verändert. Farbe für Farbe Entwurf-gemäß in die vorbestimmten Flächen eingewebt bzw.-gewirkt: Wer erfahren will, was solch ein geradezu meditatives Arbeiten mit uns macht, dem bieten Milde und das Museum die Gelegenheit dazu. „Tausend Blumen Weben“ heißt der Workshop, der als Begleitprogramm zur Ausstellung vom 3. bis 5. Mai stattfindet. Auf mobilen Webrahmen entstehen kleine Bildteppiche mit Blumenmotiven. Sie alle zusammen lassen die Idee des Tausendblumenteppichs sichtbar werden. Wie viele Blumen es tatsächlich werden, hängt im Wesentlichen von der Anzahl der Teilnehmerinnen und Teilnehmer (ja, auch Männer können wirken) ab. Digital Detox gerade im Frühling können viele von uns gebrauchen.
Übrigens: Ein Blick auf die Website der Textilkünstlerin lohnt sich. Die dort gezeigten Arbeiten und Projekte lassen den Wunsch zum Besuch der Ausstellung oder des Workshops wachsen. Wäre Bramsche doch nur weiter im Süden …

Andrea Milde, 2017

Andrea Milde, 2017, Bildwirkerei. Kette: Baumwolle / Schuss: Wolle, Baumwolle, Leinen, Metallgarne, Seide. Herstellung: 2015-2017, 190×150 cm (Foto: A. Milde)

Ausstellungseröffnung: 5. April 2019, 19.00 Uhr
Ausstellung: vom 6. April bis 12. Mai
Workshop: Freitag, 3. Mai, 17.00 bis 20.00 Uhr
Samstag und Sonntag, 4. und 5. Mai, 10.00 bis 16.00 Uhr
Kosten: 90 Euro zzgl. 15 Euro Materialkosten